Japanischlernen in Tokyo; Einige kleine Hinweise

Bestimmt hat jeder westliche Anime-Liebhaber schon unzählige Male beim Betrachten der kryptischen Kanji-Zeichen, die überall auf Videokassetten und in Manga-Büchern lauern, innerlich denjenigen komischen Kauz verflucht, der sich eines Tages, vor Tausenden von Jahren, im alten China hingesetzt und einige zehntausend Zeichnungen zu Papier gebracht hat (naja, Papier gab es zwar noch nicht) - aus denen dann die Chinesische und später die Japanische Schrift entstanden sind.

Ihm (und seinen Nachfolgern) haben wir ,,Otakus" es unter anderem zu verdanken, dass einer unserer liebsten Zeitvertriebe viel von seiner Süsse einbüsst. Japanisch ist eine der uns Europäern fremdesten Sprachen. Einen Film nie in der Originalsprache sehen und verstehen zu können, ist sehr bedauernswert - und überall von einer absolut unbekannten Schrift erschlagen zu werden, kann einem ziemlich an die Nerven gehen. Ganz zu schweigen davon, dass der allergrösste Teil aller Anime-Produkte niemals einen Übersetzer auch nur von hundert Kilometer Entfernung zu sehen bekommen. Natürlich kann man sich resignierend ein paar Haare ausreissen und die Sache dann vergessen, schliesslich gibt es noch andere Hobbys, bei denen man auch mit Deutsch sehr weit kommt, Briefmarkensammeln zum Beispiel, oder Hornussen. Eine andere Möglichkeit, die einem wohl zu Beginn ziemlich abwegig erscheint, ist es, Japanisch zu lernen.

Ich habe mich zu letzterem entschlossen, weniger wegen meines Interesses an Animes als wegen meiner Liebe zu Japan allgemein. Ich habe allerdings bisher erst an der Oberfläche der Sprache gekratzt. Wenn ich mit jemand anderen einen Japanischen Film sehe, dann versteht er vermutlich gar nichts, und regt sich darüber auf, ich aber verstehe jedes 25ste Wort und rege mich doppelt auf, erstens weil ich so gut wie nichts verstehe und zweitens weil ich, um so wenig zu erreichen, so viel Zeit investiert habe.

Weshalb sollte dies nun irgendjemanden interessieren? Nun, deshalb, weil dieser irgendjemand vielleicht selbst daran gedacht hat, Japanisch zu lernen. Er hat grundsätzlich drei Möglichkeiten vor sich; a) das Selbststudium mit Hilfe von Lehrbüchern, b) den Besuch eines Sprachkurses, c) das Erlernen der Sprache im Land selbst.

Ich habe alle drei Möglichkeiten ausprobiert - von den ersten beiden kann sich jeder problemlos selbst ein Bild machen, über die letzte, das Lernen der Sprache in Japan selbst, möchte ich einige Hinweise geben. Ich will nicht über die Japanische Sprache selber sprechen, über Kanjis, Hiragana, Postpositionen und weiteres - das hat keinen Sinn. Aber wenn jemand sich überlegt, ob er eine Menge Geld in einen Japanaufenthalt investieren will, kann ich ihm vielleicht etwas bei seiner Entscheidung helfen.

Leider habe ich beileibe nicht längere Zeit in Japan gelebt, in den Himmel kommt man schliesslich erst, wenn man tot ist. Aber ich habe mein gesamtes Erspartes aufgeopfert und mir damit einen einmonatigen Sprachkurs in Tokyo geleistet.

Diesen Kurs habe ich über eine Organisation gebucht, deren Adresse problemlos über die Japanische Botschaft erhältlich ist - allerdings kommt hier gleich mein erster Hinweis. Es ist nämlich so, dass diese Organisation einen erstens bei der Schule in Japan anmeldet und zweitens eine Gastgeberfamilie vermittelt, sich dann aber diskret in den Hintergrund zurückzieht und sich ob der ca. 1000.- freut, die sie für diese beiden Aufgaben eingesackt hat.

Wer sich das Geld sparen will, sollte also versuchen, sich selber an einer Sprachschule in Japan anzumelden. In der Schule, in der ich war, sagte man mir, dies sei problemlos möglich - man muss nur an die Adressen herankommen, aber auch hier kann die Japanische Botschaft sicher helfen. Das grössere Hindernis wird wohl die Unterkunft sein, denn eine Gastgeberfamilie kann man sich ja nicht einfach aus dem Telefonbuch herausklauben. Jugendherbergen waren eine Möglichkeit, aber eigentlich ist das Leben in einer Japanischen Familie ein Erlebnis, auf das man nicht verzichten sollte.

So muss man sagen, dass es für die erste Reise nach Japan wohl das bequemste und praktischste ist, ein Auge zuzudrücken und das ganze über eine einschlägige Organisation laufen zu lassen, d.h. die 1000.-zu opfern. Die beste Lösung ist es indes nicht!

Ich beginne also am Anfang; bei der Ankunft in Tokyo wurde ich erst mal von verschiedenen Eindrücken erschlagen. Kein Buch oder Fernsehbericht kann einen darauf vorbereiten, in eine so fremde Welt hineingeworfen zu werden. Gleichzeitig ist da natürlich ein enormes Glücksgefühl, ein Gefühl, ohne das man wohl schnell den Mut verlieren würde ob all der Veränderungen.

Wie findet man sich nun in der ,,neuen Welt" zurecht? Ich habe vor meiner Abreise zwei verschiedene

Gerüchte gehört - das erste lautete: ,,Die Japaner können kein Wort Englisch - du wirst schon einen Monat brauchen um überhaupt aus dem Flughafen herauszufinden!", das zweite ging so: ,,Sich in Tokyo fortzubewegen ist kinderleicht! Und die meisten Japaner sprechen besser Englisch als Japanisch (was ja auch kein Wunder wäre bei einer Muttersprache, die 50'000 Zeichen hat, oder?)!"

Natürlich waren sie beide falsch, wenn mir auch am Tag meiner Ankunft das erstere sehr zutreffend schien. Tatsächlich ist es etwas erschreckend, wie schwer es ist, einen Japaner zu linden, der Englisch spricht - das heisst, verständliches und nützliches Englisch. Es ist ja allgemein bekannt, dass die Japanischen Schulen sehr streng und anspruchsvoll sind, fast alle Kinder und Jugendlichen besuchen Nachhilfekurse, um überhaupt mitzukommen. Da wundert es einen kaum, dass sie mehr wert darauf legen, im Fach Englisch genügende Zensuren abzuliefern, als darauf, später auch wirklich etwas mit der Sprache anfangen zu können. Also werden stur Vokabeln gelernt und gerade die Aussprache wird sehr vernachlässigt.

Ein weiteres Problem ist wohl dies, dass die Japaner im Allgemeinen sehr bescheiden und eher scheu sind - selbst wenn sie also eigentlich Englisch sprechen könnten, so behaupten sie wohl oft, es nicht zu tun, aus Angst davor, sich durch fehlerhafte Aussprache oder grammatikalische Fehler eine Blösse zu geben.

Dadurch ergab sich für mich häufig folgende Situation; ging ich in ein Restaurant oder ein Geschäft, so nahm die/der Verkäufer(in) oder Kellner(in) grundsätzlich an, dass ich kein Japanisch spreche - welcher Gaijin spricht denn schon Japanisch? Also wusste er/sie, dass es eigentlich gar keinen Sinn hat, mit mir auf Japanisch zu sprechen. Andererseits wäre es ja unfreundlich, mich ,,stumm" zu bedienen.

In diesem Konflikt zwischen Schweigen und sinnlos Losplaudern entschieden sich viele der Verkäufer(innen) oder Kellner(innen) dazu, mit mir zwar Japanisch zu sprechen, dies allerdings nur schwach hauchend, also so leise, dass ich auch dann kaum etwas gehört hatte, wenn ich meine Ohrmuschel an seine/ihre Lippen gepresst hatte! Kommunikation war in diesen Fällen unmöglich, denn selbst wenn ich einige Japanische Worte (linguistisch) verstanden hätte, wären sie (akustisch) nie bis zu mir vorgedrungen.

Schlussendlich aber findet man sich in Tokyo relativ gut zurecht. Gerade die U-Bahn ist so klar aufgebaut dass man sich noch eher auf dem 9er Tram in Bern verirrt als in Akasaka-Mitsuke. Alles ist farbcodiert und voller Hinweisschilder.

Etwas schwieriger gestaltete sich für mich meine erste Fahrt zu meiner Gastfamilie - ich musste eine der Privatlinien nehmen, die in Tokyos Aussenquartieren verkehren. Mein Hostvater erwartete mich um Acht bei der Station ,,Higashi-Fuchu" (Ost-Fuchu). Um Sechs Uhr nahm ich in Tokyo die erstbeste Bahn in die (welch ein Zufall!) richtige Richtung. Um Acht war dieser Bummler tatsächlich einige Meter vorangekommen! Ich stieg also bei der nächstbesten Station aus und rief ,,Zuhause" an, um meine Verspätung anzukündigen. Als ich in den nächsten Zug einstieg, achtete ich darauf, diesmal keine Schnecke zu erwischen.

Unglücklicherweise war ich nun in einen Express gestiegen, der mit Volldampf an Higashi-Fuchu (meiner Station) vorbeibrauste. Wieder wechselte ich den Zug, diesmal nahm ich natürlich einen in die Gegenrichtung. Selbstverständlich hatte ich erneut einen Express erwischt, so dass ich ein zweites mal mit Höchstgeschwindigkeit an Higashi-Fuchu vorbeisauste, nun langsam vom Tragen meiner Taschen und dem langen Tag im allgemeinen etwas erschöpft und leicht ärgerlich.
Um halb Zehn stieg ich dann in den vierten Zug - und es war der richtige, so dass ich mit zwei Stunden Verspätung endlich in Higashi-Fuchu ankam. (Um gleich noch ein bisschen die klischeehafte Arbeitssamkeit der Japaner zu illustrieren; es war gar nicht mein Hostvater' der mich dort abholte - der war nämlich noch bei der Arbeit!)
Diese kleine Geschichte ist aber absolut nicht repräsentativ, ich habe mich den Rest des Monats nie mehr verirrt oder verfahren!

Ich besuchte täglich das ,,Tokyo Nihongo Center" (Nihon-go=Japan-Sprache). Diese sympathische kleine Schule liegt nett eingebettet unter einem Tempel unmittelbar neben dem Tokyo Tower, von dem die Tokyoter nie müde werden zu betonen, dass er höher ist als der Eifelturm - und rot ist er noch dazu.
Jeden Tag begann der Unterricht dort um Zehn Uhr - da ich und die anderen Neuankömmlinge ein niedrigeres (sprachliches!) Niveau hatten als die schon vorhandenen Klassen, wurde aus uns Vieren kurzerhand eine neue Klasse geformt. Die Atmosphäre während den Stunden war sehr entspannt und freundlich, viele der Lehrerinnen (es gab nur einen Lehrer, der sich aber inmitten dieser Frauenübermacht relativ gut schlug - es entrutschte ihm gar einmal ein Witz über die ,,yama's" einer Kollegin) sind mir regelrecht ans Herz gewachsen.

Die Ansprüche allerdings, die während dieser sechs Lektionen täglich an mich gestellt wurden, waren ziemlich happig. Dies lag weniger an der Schule als an mir. Ich hatte nämlich vor diesem Kurs abgesehen von den beiden Schriftsystemen Hiragana und Katakana (unbedingt lernen, auch wenn man gar kein Japanisch lernen will - gerade Katakana ist sehr oft nützlich) noch fast nichts intus, während meine Mitschüler doch schon relativ fortgeschritten waren. So sahen die ersten paar Tage für mich vor allem so aus, dass ich nach der Schule um Vier Uhr noch etwas durch Tokyo schwadronierte und mich dann bald auf den Heimweg machte - ich plante immer etwas mehr Zeit ein, da ich mich etwas vor den Express-, Bummler- und SuperExpressZügen fürchtete - und Zuhause dann zwei Stunden Vokabeln lernte.

Dies hat sich aber bald sehr gelockert, ich hatte den Vorsprung im Grossen und Ganzen aufgeholt, und die Schule, auch wenn sie mir grossen Spass bereitete, rückte immer mehr in den Hintergrund. Nun mal im Ernst: reines Lernen kann man auch in der Schweiz haben, in Tokyo aber gibt es noch manch anderes zu tun.

Es hat keinen Sinn, wenn ich jetzt Touristenattraktionen aufzähle, darüber kann man sich in jedem Reiseführer informieren. Es soll genügen, wenn ich betone, dass einem garantiert nicht langweilig wird! Bis man schon überhaupt Shinjuku richtig gesehen hat, bis man all die unzähligen (zum Teil wunderschönen) Parks besucht hat, bis man ein bisschen durch die Ginza spaziert ist - ist so ein kleiner Monat schon fast wieder um. Ich bin zwar nie aus Tokyo herausgekommen (nun gut, einmal fuhr ich mit dem Car auf den Fujisan. Es war eine durchorganisierte Touristenfahrt, aber dennoch sehr verträglich und empfehlenswert), aber das war auch gar nicht nötig, denn in Tokyo selbst gibt es schon unüberschaubar viele Orte, die man besuchen kann.
Wer (wie einer meiner Klassenkameraden) die Gelegenheit hat, auch einmal das Umfeld Tokyos anzusehen oder mit dem Shinkansen zu fahren, soll sich dies natürlich auf keinen Fall entgehen lassen! Ich kann es selbst kaum erwarten, einmal die Japanische Küste zu sehen.

Was vielleicht noch interessant sein dürfte sind meine Erfahrungen mit Animes, Mangas und Videospielen. Natürlich bildeten diese Dinge einen nicht zu unterschätzenden Teil meiner Freizeitplanung in Tokyo. Das Besuchen von Spielhallen war dabei die günstigste Weise, etwas nach Hause ,,mitzunehmen". Die Erinnerungen daran zum Beispiel, wie sich unzählige Japanische Schulkinder um einen Printshop-Automaten drängeln, oder das Bild der hell erleuchteten Pachinko-Lokale, in denen arg Süchtige rund um die Uhr auf kleine Bällchen starren.

Aber natürlich wollte ich auch etwas materielles nach Hause bringen. Problemlos war es, Videospielgeschäfte zu finden. Schon in Shinjuku fand ich einige sehr geeignete Läden, aber in Akihabara, der ,,Electric Town", stehen die Videospieleshops wirklich Tür an Tür, wobei der eine grösser  als der andere ist. Unzählige Spiele lassen sich probespielen, meist sogar auf der Strasse draussen, gleich neben den hübschen  Mädchen,  die  sehr ,,sommerlich" gekleidet Werbung für irgendwelche Elektronikgeschäfte verteilen.
Auch die Preise sind ganz nett, es gibt in fast jedem Laden grosse Regale mit Occasionspielen, die sehr professionell verkauft werden, will sagen, die man wie die neuen Spiele sortiert einordnet und denen man einheitliche Preise gibt.

Etwas schwieriger wird es bei den Mangas und Animes. Zumindest war es das für mich. Die Geschäfte, die ich besucht habe, hatten meist eine grössere Abteilung für Artbooks - die war auch für mich interessant. Wagte ich mich dann aber etwas tiefer in die Läden rein, wurde ich von einer Unzahl von Mangaheften erschlagen - sie stapelten sich dicht an dicht bis zu der Decke, lagen dazu in rauhen Mengen am Boden herum. Die meisten Titel waren mir dabei absolut unbekannt.
Abgesehen davon waren sie natürlich alle Japanisch, was ja noch zu verkraften gewesen wäre, wenn sie a) genial gezeichnet und b) mir von den Charakteren und Grundzügen der Geschichte her vertraut gewesen wären. Dies waren sie aber meist nicht, und selbst wenn einige darunter gewesen wären, die diese Kriterien erfüllt hätten, so hatte ich stundenlang danach suchen müssen. So aber zog ich mich bald wieder zu den Artbooks zurück, die ich uneingeschränkt geniessen konnte.

Ein ähnliches Bild bot sich mir bei den Animes, auch hier kannte ich praktisch nichts. Da ich sowieso weder NTSC-Videogerät noch LD-Player besitze (dies plane ich eigentlich bald zu andern) war mein Interesse hier ebenfalls gering. (Natürlich gibt es auch umfangreiche Anime-Musik-CD-Angebote. Aber wer schon den Anime selbst nicht kennt, der wird wohl kaum die Musik dazu kaufen)
Ich bin aber, das muss ich noch erwähnen, vermutlich in diesen Belangen kein Masstab, denn obwohl ich mich schon relativ lange (etwa seit Erscheinen des ersten Akira-Bandes auf Deutsch... oder länger, ich weiss nicht mehr genau) für Animes & Mangas interessiere, habe ich diesen Zeitvertreib immer etwas stiefmütterlich behandelt, bin also kaum je irgendwelchen aktuellen NTSC-Filmen nachgerannt oder habe gar selber direkt importiert. Nicht aus Desinteresse, sondern aus Faulheit, wegen ,,Budgetbegrenzungen" und teilweise wegen Zeitmangel. Ich kann mir aber gut vorstellen dass mancher eingefleischte ,,Otaku" sich beim Eintreten in einen dieser von mir geschilderten Läden so fühlt, als trete er in einen Kreis von Freunden.

Wovon ich sehr profitiert habe, das waren die ganz normalen Musikläden. Japanische Idols und J-POP haben es mir sehr angetan - leider kommt man gerade an solche Musik-CD’s hierzulande noch schwerer ran als an Amine-Produkte (oder hat mir jemand einen Tip bezüglich einer guten Bezugsquelle???), also fühlte ich mich in Tokyo diesbezüglich sehr gut aufgehoben.

Dieser Text soll ja nun keine erschöpfende Erzählung über meinen ganzen Aufenthalt werden, schliesslich habe ich ja zahllose Dinge noch nicht einmal erwähnt; das Essen, meine Hostfamily, meine Schulkollegen, die Wochenenden, usw. Nur das für den ,,Otaku" vielleicht Wissenswerte wollte ich berichten, und so komme ich schon zu einem Fazit. Vielleicht interessiert es nun, wieviel Japanisch man (ich) in einem Monat denn so lernt.

Ich möchte die Frage so beantworten: wenn mich jemand nach diesem Monat auf Japanisch gefragt hätte, was für eine Frucht in einer Schachtel drinstecke, so hätte ich ihm eine perfekte Antwort geben können - ich hätte sogar noch erwähnt, welche Farbe die Frucht und die Schachtel haben. Würde sich aber unser Gespräch ,,zufälligerweise" um irgend etwas anderes drehen als um Schachteln, Früchte und Gemüse, so wäre ich etwas in Verlegenheit, d.h. am Ende meines Lateins (meines ,,Japanisch")

Anders gesagt: nach einem Monat Japanisch lernen kann man so ziemlich gar nichts. Wer nun denkt, ein Monat sei doch eine ziemlich lange Zeit, ich sei wohl ein etwas fauler oder gar dümmlicher Kerl, der irrt (zumindest im zweiten Punkt... hoffe ich). Abgesehen davon, dass es eine enorme Aufgabe ist, eine Sprache von Grund auf neu zu lernen, ist Japanisch uns Europäern wirklich völlig fremd. Wer Englisch oder Italienisch lernen will, der hat erstens die Sprache bestimmt schon öfters etwas gehört, und zweitens kann er die alten Strukturen praktisch eins zu eins aus dem Deutschen übernehmen.

Mit der Spanischen Sprache wird es noch einfacher;  man  dreht  einfach  das Fragezeichen um, ruft oft ,,Muchachos!" und hängt ein ,,o" an jedes Wort! (Naja, ich habe mich da nicht eingehend damit befasst... vielleicht ist es etwas komplizierter?)
Wer aber Japanisch lernen will, der muss so ziemlich alles hinter sich lassen, was er bisher über Sprache gewusst hat. Und sogar wenn man schon ein ganzes Bündel Wörter und Regeln im Kopf hat, merkt man bald, dass Japaner im Alltag überhaupt nicht so sprechen, dass viele höfliche Formen und theoretische Konstrukte sehr selten verwendet werden.

Ich habe meine ,,Japanischstudien" nach meiner Rückkehr im Herbst letzten Jahres etwas ,,schleifen lassen", vieles wieder vergessen. Dann habe ich hier in Bern einen neuen Kurs begonnen, der allerdings wieder bei Adam und Eva, will heissen bei Schachteln, Gemüsen und Hiragana begann. ln der letzten Zeit lerne ich wieder vermehrt privat, denn auch wenn ich mit meinem Lernen noch nirgendwo angelangt bin, so bin ich fest entschlossen (anders als viele Japanischschüler)' diese Sprache eines Tages richtig, fliessend und gut zu sprechen und zu schreiben.

Auf dem Weg zu diesem Ziel war mein Tokyo Aufenthalt vielleicht gar kein so grosser Schritt. Aber das ist auch nebensächlich, wichtig war nicht die Sprache, sondern die Erfahrungen, das Erweitern des Horizonts, dass ich ein besserer Mensch geworden bin, dass es ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein grosser Schritt für die Menschheit war, dass...
... nun gut, dies alles es war vielleicht gar nicht, aber es war einfach verdammt toll! Wenn ich das Geld dafür hätte wurde ich jetzt sowieso nicht den letzten Satz dieses Berichtes schreiben, sondern mit glänzenden Augen durch Akihabara wuseln.
 
 

© Moritz Gerber