Das Zitat vom Samstag, dem 7. November 1998:

"Für euch Christen wäre die Lage verzweifelt, denn ihr habt nur ein Leben. Wir Buddhisten

hingegen glauben an die Wiedergeburt und können uns noch mehrere Leben lang anstrengen und

hoffen."

(Antwort des 14. Dalai Lama auf die Frage nach der Zukunft Tibets)

Der Dalai Lama ist wohl vor allem deshalb zu einem richtiggehenden Medien-Star geworden, weil er ungeachtet

der traurigen Situation seines Volkes immerzu unbedrückt wirkt, fröhlich gar.

Es ist tief beeindruckend, dass er nach so vielen Jahren, in denen die Tibeter einen fruchtlosen Kampf

gegen die chinesischen Besatzer geführt haben, noch immer Dinge sagt wie den oben zitierten Satz - voller Hoffnung und Humor.

Leider hat er wohl recht damit, wenn er vermutet,

Tibet werde noch lange keine Gerechtigkeit erfahren -

so wie sich die westlichen Staatshäupter ereifern,

den finanziell interessanten Geschäftspartner China zu umgarnen...

Es lohnt sich aber auch, des Dalai Lamas Antwort etwas eingehender zu betrachten: er weist die Christenheit,

also die westliche Zivilisation, nämlich darauf hin, dass nach ihrem Glauben der Mensch nur ein Leben hat, dass

er auf dieser Welt verbringen kann.

Hat sich deshalb in der amerikanischen und europäischen Kultur diese "Nach mit die Sinflut"-Stimmung verbreitet?

Aber sollte diese kurze Lebensfrist nicht um so mehr ein Ansporn sein, Probleme und Ungerechtigkeiten

so schnell wie möglich anzupacken und zu lösen?

Dies sind eben die zwei Möglichkeiten, das Christentum zu interpretieren - entweder:

"Zu dieser Welt muss ich keine Sorge tragen, der Himmel wird meine Heimat!"

oder:

"Ich habe nur eine Lebensspanne Zeit, mich als guter Mensch zu beweisen!"

Es ist ein Buddhist, der auf diese Problematik hinweist.

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