Das Zitat vom 23. September 2000:

" Tief deprimiert, zufrieden. "

(Lothar-Günther Buchheim in einem TAZ-Fragebogen unter: "Geistesverfassung")

Vielleicht habe ich es schon erwähnt;

Ich habe eine Abneigung gegen eine der am regelmässigsten gestellten Fragen;

"Wie geht es dir?"

Würde diese Frage von einem echten Wissbedürfnis der Fragenden gespeist,

wären die Fragenden also willens und darauf eingestellt,

das Thema des sich Wohl- oder Unwohl- oder Sonwohlalsauch-Befindens

in angemessenem Zeitrahmen und in der nötigen Ernsthaftigkeit zu besprechen,

dann wäre ich dem gar nicht abgeneigt.

Aber diese Worteinkastung -

"Wie geht es dir?" -,

gibt sich in den meisten Fällen bloss den Anschein einer Frage,

während sie in Wahrheit ein leerer Satzbaustein ist, ein totes Konversationselement,

Rädchen in einem Begrüssungsautomatismus -

eigentlich mehr ein Geräusch als die sprachliche Äusserung eines Gedankens.

In diesen meisten Fällen

ist die einzige akzeptierte Antwort ein ebenso gedankenlos zurückexpediertes:

"Gutunddir?"

Gutunddir?

Gutunddir, Gutunddir, Gut, Gut, Gut...

Den ganzen Tag.

Geht's uns wirklich so gut?

SO gut, dass wir es den ganzen Tag stolz stadtschreierisch verlauthalsen müssen, oder wollen?

Mir jedenfalls nicht, aber um meine wirkliche Geistesverfassung ehrlich zu beschreiben,

bräuchte ich erstens eine Menge Zeit,

und müsste ich sie zweitens erst einmal selbst wirklich kennen.

Richtig gut geht's mir nicht, aber schlecht ja auch wieder nicht,

aber ich bin auch nicht fade-gelangweilt mittendrin.

Wer weiss denn schon, wie es ihm wirklich geht?

Jetzt aber ein Ende diesen Überlegungen,

und ein respektvolles Hutheben

zu Lothar-Günther Buchheim,

der eigentlich die Lösung des Problems gefunden hat.

Und eine zeitlose, den Einzelmenschen überspannende,

beinahe allgemeingültige Antwort auf die Frage menschlicher Befindlichkeit:

Wie geht es?

"Tief deprimiert,

zufrieden."

*