Das Zitat vom Samstag, dem 16. Januar 1999:

"Ihre Rede war ein intellektuelles Vergnügen!"

(Der Rektor der Universität Bern nach einer Rede des neuen Deutschen Aussenministers Fischer)

Ja, es "eine Ehre" zu nennen,

wenn Joschka Fischer kaum 100 Tage nach seinem Amtsantritt an der Universität Bern eine Rede hält,

ist durchaus berechtigt.

Aber nach der Rede,

die dieser dann Donnerstag Abend gehalten hat,

aller Ernstes den obigen Satz zu äussern,

ist heuchlerisch, anbiedernd und unehrlich.

Ich hatte befürchtet, eigentlich gewusst, dass ein Fischer nach der Übernahme der Regierungsmacht,

ein Fischer, der Konzessionen gemacht hatte und "Realitäten akzeptiert",

dass solch ein Fischer mich mit seiner Rede enttäuschen würde.

Richtig befürchtet.

Nicht genug damit,

dass gute zwei Drittel seiner Rede einer mehr oder wenig interessanten Geschichtslektion glichen;

"... und im Vertrag von Versailles waren kommende Konflikte vorauszusehen, blabla..."

Als Fischer schliesslich doch nicht umhin kam, das Wort

"Menschenrechte"

in den Mund zu nehmen, so fiel ihm dazu vor allem ein,

man müsse

"auch mal fünfe grade sein lassen",

"auch mal schmutzige Hände schütteln",

und gegen unbelehrbare Regime

"in Gottes Namen (!!!) mit Waffengewalt vorgehen",

konnte kein Zweifel mehr bestehen, dass auch der Amtsvorgänger Kinkel diese Rede

zu 98% unverändert übernehmen könnte.

"Kontinuität" war das meistgenannte Wort,

und selbst die "Nachhaltigkeit" war Fischer nicht eine zu billige Floskel...

Ja, die Aussenpolitik ist, wie er betonte, ein heikles Gebiet,

wo man kaum etwas richtig anpacken kann.

Weshalb aber strebte er dann genau dieses Amt an, und nicht eines, in dem er mehr verändern könnte?

Nur wegen dem Prestige, nur wegen den vielen Reisen?

Fischers Rede war ganz bestimmt

keine intellektuelle Herausforderung,

sondern eine (vorauszusehende) Ernüchterung.

Schade Joschka!

*